Die aktuelle Situation an der Börse ist insbesondere durch eine relativ hohe Volatilität geprägt, sodass sich der Deutsche Aktienindex in den vergangenen Wochen und Monaten teilweise innerhalb einer Woche um mehrere Hundert Punkte in die eine oder andere Richtung bewegt hat. Derzeit bestimmt unter anderem ein Thema die Börse, und zwar speziell die Bankaktien, nämlich der erneute Stresstest der Europäischen Zentralbank, dem sich zahlreiche europäische Banken unterziehen mussten.
Allgemeines zum Banken-Stresstest der EZB
Prinzipiell handelt es sich bei einem Stresstest um ein spezielles Instrument, welches in dem Bereich des Risikomanagements eingesetzt wird. In der Praxis lassen sich die Tests in zwei Gruppen einteilen, nämlich zum einen in die sogenannten Micro- und zum anderen in die Makro-Stresstests. Bei den Micro-Stresstests handelt es sich um Tests, die von den jeweiligen Banken selbst durchgeführt werden, um die eigene Leistungsfähigkeit und Risikoanfälligkeit festzustellen. Demgegenüber werden die Makro-Stresstests, zu denen auch der von der Europäischen Zentralbank durchgeführte Stresstest gehört, von bestimmten Behörden bzw. unabhängigen Institutionen durchgeführt. Meistens handelt es sich dabei zum Beispiel um die Deutsche Bundesbank, die Europäische Zentralbank oder sonstige Finanzaufsichtsbehörden. Im Kern funktioniert der Stresstest so, dass bestimmte Änderungen bei den Risikofaktoren simuliert werden und welche Auswirkungen diese in der Praxis haben würden. Im Bankenbereich kommen solche Stresstests insbesondere zur deshalb zur Anwendung, um das Marktrisiko zu bewerten und darüber hinaus bei den einzelnen Kreditinstituten zu analysieren, ob diese auch gegen eine Finanzkrise gewappnet wären.
25 Banken bestehen Stresstest nicht
Insgesamt wird der stattgefundene Stresstest als positiv bewertet, auch wenn es exakt 25 Banken in Europa sind, die den Test nicht bestanden haben. Schaut man sich allerdings die Verteilung an, so fällt vor allem auf, dass es zum größten Teil Banken aus den südeuropäischen Ländern wie Italien oder auch Slowenien sind, die zu den negativen Testkandidaten gehören. Insgesamt wurden 130 Banken in der Eurozone auf ihre Standfestigkeit hin überprüft. Experten räumen zwar ein, dass die Ergebnisse durchaus besser hätten ausfallen könnten, sie hätten aber auch wesentlich schlimmer sein können. Dass die Bank Aktien an den deutschen Börsen insbesondere am vergangenen Montag großen Zulauf verzeichnen können konnten, ist vor allem dadurch zu erklären, dass es nur eine deutsche Bank gibt, die den Stresstests nicht auf Anhieb bestanden hat.
Alleine neun italienische Banken fallen durch
Von den 25 Banken in Europa, die den Stresstests nicht bestanden haben, befinden sich alleine neun Kreditinstitute in Italien. Aber auch in Ländern wie Irland, Belgien, Portugal, Slovenien, Österreich und natürlich Griechenland gab es mindestens ein Institut, welches beim Test glatt durchgefallen ist. Zu den betroffenen Banken gehören beispielsweise die National Bank of Greece, die Bank of Cyprus, die Dexia Bank oder auch die Piräus Bank. Beim Test ging es insbesondere darum, die Frage zu beantworten, ob die Banken über ausreichend Eigenkapital verfügen, um bei einer erneuten Finanzkrise nicht in die Gefahr einer Insolvenz zu geraten.
Die Ergebnisse im Einzelnen
Bei den Kontrollen der Europäischen Zentralbank konnten die durchgefallenen Banken deshalb den Test nicht bestehen, weil eine Kapitallücke von insgesamt 25 Milliarden Euro festgestellt wurde. Von den 25 Banken haben 13 Kreditinstitute die Möglichkeit, die Kapitallücken aufzufüllen, während dies bei zwölf Banken bereits geschehen ist. Die betroffenen 13 Institute haben nun zwischen sechs und neun Monaten Zeit, die vorhandene Kapitallücke zu schließen. Die einzige deutsche Bank ist, die den Test nicht auf Anhieb bestehen konnte, ist die Münchener Hypothekenbank. Allerdings zählt das Kreditinstitut gleichzeitig auch zu den Banken, die die vorhandene Lücke bereits in diesem Jahr gefühlt habe. Positiv ist sicherlich, dass selbst Banken wie die teilweise heftig in der Kritik stehende HSH Nordbank den Stresstest bestanden haben. Hier konnte das Institut mit einer Kernkapitalquote von über sechs Prozent aufwarten, während lediglich 5,5 Prozent gefordert waren. Mittlerweile käme die Münchener Hypothekenbank allerdings bei einem erneuten Test auf eine Quote von 7,5 Prozent, läge also ebenfalls deutlich über den geforderten 5,5 Prozent.
Ergebnisse positiver als von diversen Experten erwartet
Nach Bekanntwerden der Ergebnisse des Stresstests gab es an der deutschen Börse einen regelrechten Run auf nahezu alle Bankaktien. Experten nannten vor allen Dingen den Grund, dass es nicht wenige Fachleute gab, die damit gerechnet hatten, dass mehrere deutsche Banken den Test nicht bestehen würden. Das positive Testergebnis zeigt nun jedoch, dass die Banken ihre Aufgabe anscheinend sehr ernst nehmen, für eine ausreichende Hinterlegung mit Eigenkapital zu sorgen. Vor diesem Hintergrund waren nahezu alle Bankaktien gefragt. So konnte beispielsweise die Aktien der Commerzbank in vergangenen Tagen ein Kursplus von zwischenzeitlich über 10 Prozent erreichen. Ebenfalls deutliche Käufe gab es beim Marktführer in Deutschland, was börsennotierte Kreditinstitute angeht, nämlich bei der Deutschen Bank. Hier griffen Anleger ebenfalls merklich zu, sodass der Kurs am 27.10. nach Bekanntgabe der Ergebnisse teilweise um rund 4 Prozent anstieg.
Einzelne Bankaktien oder spezielle Aktienfonds?
Wer – vielleicht auch aufgrund des positiven Bank-Stresstests – derzeit als Anleger darüber nachdenkt, speziell in Bankaktien investieren, dem stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen gibt es natürlich die Option, einzelne Bankaktien ins Depot zu legen. Wer sich hingegen nicht auf einzelne Werte konzentrieren möchte, der hat selbstverständlich alternativ die Möglichkeit, sich beispielsweise für klassische Aktienfonds zu entscheiden, die einen Schwerpunkt im Bankensektor haben. Ein mögliches Investment in diesem Bereich wäre der „DWS Financials TYP O“ (DE0009769919), bei dem es sich im einen Branchenfonds im Bereich Finanzwerte handelt.
Ebenfalls möglich ist der Kauf von ETF-Fonds, die sich beispielsweise am Branchenindex Banken orientieren. Wer nicht nur in Deutschland, sondern in internationale Werte investieren möchte, dem stehen selbstverständlich sowohl einzelne Bankaktien von Auslandsbanken als auch Fonds und ETFs zur Verfügung, die neben deutschen Banken beispielsweise auch die größten europäischen Banken im Portfolio haben. Hier könnte für Anleger zum Beispiel der ETF ComStage ETF STOXX Europe 600 Financial Services (LU0378435712) von Interesse sein.
Fazit zum Stresstests und zur aktuellen Situation bei den Bankaktien
Derzeit scheint wieder etwas mehr Vertrauen in die Banken zurückgekehrt, was insbesondere auf den positiven Stresstests zurückzuführen ist. Vor allen Dingen deutsche Banken konnten wir wieder einmal bestätigen, dass sie im europäischen Vergleich selbst für Krisenzeiten sehr gut gerüstet sind. Für interessierte Anleger bietet es sich daher durchaus an, jetzt entweder in einzelne deutsche Bankaktien oder etwas breiter gestreut über ETFs oder klassische Aktienfonds investieren.
Oliver Schoch
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