Eins muss man den Samwer-Brüdern Marc, Oliver und Alexander lassen: Sie haben Sinn für Familie, Unternehmergeist und gewaltigen Ehrgeiz.
Die von ihnen gegründeten Unternehmen im Internet-Sektor haben teilweise sehr innovative Ideen und erfolgreich Nischen besetzt. Bestes Beispiel ist wohl der Online-Schuhverkäufer „Zalando“ – wenn Sie das lesen, denken Sie gerade vielleicht genau wie ich an die Werbung mit dem „Schrei“. Andere der Neugründungen sollen mehr oder weniger Kopien bestehender amerikanischer Unternehmen sein. Legitim auch das.
Kritik an den Samwer-Brüdern
Natürlich gibt es auch Kritik an den drei Brüdern – zur Meinungsbildung habe ich mir eine Dokumentation im ZDF angeschaut, welche Sie sich auch via Internet in der Mediathek anschauen können:
„Die große Samwer-Show. Die Milliardengeschäfte der Zalando-Boys“
Nicht alles, was dort an Kritik vorgebracht wird, finde ich berechtigt, aber natürlich kann sich jeder sein eigenes Bild machen.
Ihre diversen Beteiligungen und Neugründungen haben die Samwer-Brüder in ein Unternehmen namens „Rocket Internet“ mit Sitz in Deutschland gepackt. Und dieses Unternehmen ging im Oktober an die Börse. Man mag von den Samwer-Brüdern halten was man will – hier geht es einzig um die Frage, ob diese neue Aktie ein lohnendes Investment sein könnte.
Konkret:
Im Oktober war der Börsengang von Rocket Internet (Firmensitz Berlin) erfolgt. Anfang November teilte das Unternehmen mit, dass man durch den Börsengang 1,4 Milliarden Euro eingenommen habe.
Quelle: Handelsblatt
Damit blieb der Börsengang von Rocket Internet vom Volumen hier knapp unter den 1,45 Milliarden Euro, welche Telefonica Deutschland (O2) vor rund zwei Jahren eingesammelt hatte. Dennoch, es handelt sich hier um einen der größten Börsengänge an einem deutschen Börsenplatz der letzten Jahre.
Rocket Internet Aktie: Ausgabekurs bei 42,50 Euro
Der sogenannte „Greenshoe“ (Platzierungsreserve) wurde laut Handelsblatt von der Investmentbank Berenberg zur Kurspflege genutzt. Diese war auch bitter notwendig: Denn unmittelbar nach dem Börsengang sackte der Aktienkurs zwischenzeitlich um bis zu 25% nach unten durch.
Inzwischen (dank der Kurspflege?) steht der Kurs – Stand 6. November – wieder im Bereich 42 Euro und damit im Bereich des Ausgabekurses.
Kursverlauf Aktie Rocket Internet
Erst seit Oktober 2014 an der Börse: Rocket Internet. Quelle: Finanzen100
Anleger(innen) haben damit die Chance, in etwa zum Kurs des Börsengangs einsteigen zu können. Doch ist dies überhaupt eine „Chance“, oder vielmehr ein Risiko? Dazu der Blick auf die Fundamentaldaten von Rocket Internet:
Rocket Internet fungiert als „Inkubator“ diverser Internet-Unternehmen
Was es mit dem Begriff des „Inkubators“ in diesem Zusammenhang auf sich hat, bringt Wikipedia auf den Punkt:
„Wie in einem medizinischen Inkubator (Brutkasten) noch nicht lebensfähige Neugeborene mit allem versorgt werden, das ihnen das Überleben ermöglicht, so ähnlich versorgt auch ein Inkubatorunternehmen noch nicht lebensfähige, d. h. noch nicht gewinnbringende Unternehmen mit allem, was diese brauchen, um eines Tages gewinnbringend zu arbeiten. Existenzgründer oder Unternehmensgründer erhalten nach Prüfung ihrer Unternehmensidee Geldmittel, Räume und unmittelbar wirksame Unterstützung beim Aufbau ihrer Firma.“
Das erklärte Ziel von Rocket Internet ist es, diese „Inkubatorunternehmen“ wachsen zu lassen und dann zu verkaufen bzw. an die Börse zu bringen. Ein langfristiges nachhaltiges Wirtschaften ist nicht geplant, Oliver Samwer soll die Absicht geäußert haben, 95% der Tochterunternehmen von Rocket Internet zu verkaufen oder eben an die Börse bringen zu wollen.
Die Mutter selbst ist ja nun auch an der Börse. Das wiederum bedeutet, dass es harte Fakten gibt. Diese lauten:
- Von Rocket Internet gibt es 153.043.432 Aktien.
- Bei einem Börsenkurs von rund 42 Euro entspricht dies einer Marktkapitalisierung von ca. 6,5 Milliarden Euro.
Zum Vergleich: Das entspricht auch in etwa der Marktkapitalisierung von United Internet – welche auch zahlreiche Tochterunternehmen aus dem Internetbereich hat (wie GMX). Der große Unterschied: United Internet hat bewiesen, profitabel arbeiten zu können. Die Zahlen sind seit Jahren tiefschwarz. Im laufenden Geschäftsjahr könnte der Gewinn pro Aktie im Bereich 15 Euro liegen, das Kurs-Gewinn-Verhältnis somit bei rund 21. Es gibt sogar eine Dividendenrendite von rund 1,7%.
Diese Kennzahlen lassen sich für Rocket Internet nicht berechnen – da es weder Gewinn geschweige denn Dividende gibt.
Ich habe den Geschäftsbericht 2013 für Rocket Internet und auch die Zahlen fürs erste Halbjahr 2014 analysiert. Letztere sind aktueller, deshalb beziehe ich mich auf diese. Allerdings mit dieser Einschränkung: Die Halbjahreszahlen sind laut Rocket Internet noch „ungeprüft“, also durchaus mit Vorsicht zu genießen.
Den Halbjahreszahlen zufolge erzielte Rocket Internet im ersten Halbjahr 2014 Umsatzerlöse und sonstige betriebliche Erträge von zusammen 65,8 Mio. Euro.
Es blieb ein Konzernperiodenfehlbetrag von rund -13,3 Mio. Euro.
Wenn ich den Umsatz von 65,8 Mio. Euro verdopple und als Jahreswert nehme, ergibt dies 131,6 Mio. Euro. Damit errechnet sich auf Basis der Marktkapitalisierung von 6,5 Milliarden Euro ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von rund 49.
Das ist überirdisch hoch! Werte von 1 finde ich günstig, aber alles über 10 muss schon sehr, sehr gut begründbar sein. 49 ist damit einfach nur hoch.
In den Halbjahreszahlen fand ich diese höchst interessante Position: „Vorabausschüttungen“, dazu der Betrag: 323.905.000 Euro.
Dazu stand in den Halbjahreszahlen: „Global Founders GmbH erhielt eine Barausschüttung in Höhe von TEUR 286.766.“
Das sind die Unternehmensgründer, welche sich damit die Kleinigkeit von mindestens gut 286 Mio. Euro in bar gegönnt haben.
Mein Fazit zur Rocket Internet Aktie: Finger weg!
Man muss auch gönnen können, wie ich als Rheinländer weiß. Doch als Investor läuten bei mir alle Alarmglocken, wenn ich sehe, dass sich die Unternehmensgründer mindestens 286 Mio. Euro ausschütten, kurz darauf das Unternehmen an die Börse bringen. Ein Börsengang macht Sinn, wenn das Geld in aussichtsreiche Geschäftsbereiche investiert werden soll.
Doch wenn diese Geschäftsbereiche so aussichtsreich wären – warum investieren die Unternehmensgründer dann nicht selber weiter Geld, als sogar welches abzuziehen?
Das gefällt mir nicht. Und außerdem: 65,8 Mio. Euro Umsätze und 13,3 Mio. Euro Verlust. Für mich sind das keine Kennzahlen, die eine Marktkapitalisierung von 6,5 Milliarden Euro rechtfertigen.
Klarstellung
Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, diese Aktie zu verkaufen oder zu kaufen. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine.
- Andritz Aktie kaufen – Deshalb ist der Umsatz des Konzerns so stark im letzten Halbjahr gesunken! – 1. Dezember 2018
- ProSiebenSat.1 Aktie jetzt kaufen – Sinnvolle Anpassungen im Segemnt E-Commerce! – 1. November 2018
- Encavis Aktie kaufen – Alles Details zum lohnenden Geschäft des Unternehmens Solar- und Windparks zu betreiben! – 1. Oktober 2018
- Stora Enso Aktie jetzt kaufen – So rentiert sich die nachhaltige Produktion von Papier! – 1. September 2018
- Dt. Beteiligungs AG Jetzt kaufen – Alle Fakten zu den eher enttäuschenden Halbjahreszahlen des Unternehmens! – 1. August 2018