Siemens Aktie kaufen – Konzern hat stark von „positiven Währungseffekten“ profitiert!

„Solide Entwicklung in schwierigem Umfeld“: Bei der Überschrift dieser Analyse zu Siemens habe ich mich am Titel der Präsentation zum „Conference Call“ der letzten Veröffentlichung von Siemens-Quartalszahlen orientiert. Denn der Titel brachte es meiner Ansicht nach recht gut auf den Punkt. Hier nun der genauere Blick auf Siemens und natürlich die Siemens Aktie. Konkret:

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Beginnen wir – bevor ich mich genauer mit den Fundamentaldaten des Unternehmens beschäftige – auch hier zunächst mit dem Blick auf den Chart dieses „Blue Chips“:

Chart Siemens AG

Chart Siemens Aktie

Quelle: Finanzen100

Ich habe hier einen langfristigen Chart ausgewählt, da ich finde, dass bei einem großen Blue Chip wie Siemens der Blick „auf das große Bild“ angebracht ist. In diesem langfristigen Chartbild (letzte ca. 20 Jahre!) bildete sich in den letzten Jahren die charttechnische Formation eines aufsteigenden Dreiecks heraus. Die obere Begrenzung liegt im Bereich der auch optisch „runden Marke“ von 100 Euro. Die untere, aufsteigende Seite des Dreiecks begann ca. im Februar 2009, als der Kurs der Aktie kurzfristig sogar unter 40 Euro notierte.

Bei einer solchen charttechnischen Formation (aufsteigendes Dreieck) kommt es üblicherweise im spitzen Ende des Dreiecks zu einem Ausbruch – und mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgt dieser in Richtung der nicht waagerecht verlaufenden Seite. In diesem Fall wäre das also ein Ausbruch nach oben, welcher mit höherer Wahrscheinlichkeit als das Gegenteil der Fall ist. „Sicher“ ist so etwas natürlich nicht – aber in Kombination mit überzeugenden Fundamentaldaten kann so etwas eine interessante Einstiegsmöglichkeit bieten. Und was sagen denn die Fundamentaldaten?

Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich schwer, bei Siemens den Überblick zu behalten (wenn man nicht den Großteil seiner Arbeitszeit nur darauf verwenden möchte…). Doch versuchen wir es mit einem vereinfachten Überblick – dieses Unternehmen kann es wert sein! Die Siemens AG ist ein deutsches Traditionsunternehmen, gegründet 1847, und beschäftigte im letzten Jahr weltweit rund 343.000 Mitarbeiter(innen). Das sind mehr, als manche mittelgroßen deutschen Städte wie Bonn an Einwohnern haben. Der Siemens-Konzern ist inzwischen in folgende Bereiche – bei Siemens „Divisionen“ genannt – eingeteilt:

Die Siemens-Divisionen

  • Power and Gas
  • Wind Power and Renewables
  • Power Generation Services
  • Energy Management
  • Building Technologies
  • Mobility
  • Digital Factory
  • Process Industries and Drives
  • Healthcare
  • Financial Services

Quelle: Firmenangaben

Die aktuellsten Zahlen sind die zum dritten Quartal des laufenden Siemens-Geschäftsjahres. Drittes Quartal – wieso können dazu bereits die Zahlen veröffentlicht sein, fragen Sie sich vielleicht: Die Lösung ist einfach: Bei Siemens geht ein Geschäftsjahr jeweils bis zum 30. September eines Kalenderjahres. Insofern wurden die Zahlen zum 3. Quartal des Geschäftsjahres 2014/2015 veröffentlicht – und zwar am 30. Juli. Hier die Eckdaten:

Rahmendaten jüngste Quartalszahlen Siemens

  1. Der Auftragseingang stieg um 4% auf 19,858 Mrd. Euro (Vorjahresquartal: 19,110 Mrd. Euro)
  2. Die Umsätze stiegen um 8% auf 18,844 Mrd. Euro, nach 17,518 Mrd. Euro im Vorjahresquartal
  3. Der freie Cash Flow ging erheblich zurück, und zwar um 35% auf 684 Mio. Euro (Vorjahresquartal: 1,048 Mrd. Euro)
  4. Der Gewinn pro Aktie (= unverwässertes Ergebnis je Aktie) legte etwas zu, und zwar auf 1,65 Euro. Der entsprechende Vorjahreswert lag bei 1,62 Euro.

Den vollständigen Quartalsbericht der Siemens AG finden Sie unter diesem Link im Internet:

Geschäftszahlen Siemens AG

Und hier möchte ich auf die Überschrift zurückkommen: „Solide Entwicklung in schwierigem Umfeld“. Die „solide Entwicklung“ bezieht sich auf die Zahlen zu Umsatz und Gewinn pro Aktie. Beide legten schließlich leicht zu.

Siemens AG: Teilweise schwieriges Umfeld

Das „schwierige Umfeld“ bezieht sich sowohl auf das China-Geschäft als auch das Geschäft mit der Windenergie. Bei Letzterer gab es bisher im laufenden Siemens-Geschäftsjahr eine „Flaute“ (bitte verzeihen Sie mir dieses dröge Wortspiel), welche aber eher durch regulatorische Rahmenbedingungen als durch Siemens selbst verschuldet war. Das wirkte sich so aus:

In der Division „Wind Power and Renewables (WP)“ sank der Umsatz um 9%. Noch stärker brach der Auftragseingang ein: Da ging es satte 70% nach UNTEN. Es wird zwar von Siemens in dem Bereich auf Wachstum im Servicegeschäft verwiesen – aber das auffällig niedrige Niveau an neuen Großaufträgen spricht schon eine klare Sprache. Allerdings sollte hier auch die Kirche im Dorf gelassen werden: Der Umsatzbeitrag dieser Division liegt mit rund 1,4 Mrd. Euro bei deutlich unter 10% der gesamten Siemens-Umsätze. Und Lichtblick innerhalb dieser Division: Trotz niedrigerer Umsätze konnte die Marge von 2,9% auf 3,8% verbessert werden. Das selbst gesteckte Ziel für diese Kennziffer liegt übrigens bei 5-8%.

Je genauer ich mir die jüngsten Siemens-Zahlen angeschaut habe, desto weniger gefallen sie mir. Denn bei näherer Betrachtung relativiert sich auch das Plus bei Umsätzen und Auftragseingang für den Gesamtkonzern. Und zwar aus diesem Grund:

Siemens gibt an, dass der Konzern stark von „positiven Währungseffekten“ profitiert habe. Damit wird wahrscheinlich hauptsächlich der gegenüber dem US-Dollar und anderen Währungen schwächelnde Euro im Berichtszeitraum gemeint sein. Dieser „positive Währungseffekt“ soll für satte 9 Prozentpunkte (Prozentpunkte, nicht Prozent, ein wichtiger Unterschied!) bei den Umsatzerlösen und 8 Prozentpunkte beim Auftragseingang verantwortlich gewesen sein.

Sie erinnern sich: 8% Umsatzanstieg und 4% Anstieg der Auftragseingänge. Ohne die Auswirkungen der Währungseffekte hätte der Siemens-Konzern also sogar einen Rückgang bei Umsätzen und Auftragseingängen verzeichnen müssen. Das sieht dann doch schon direkt ernüchternd aus.

Aber „schlecht“ ist es angesichts des schwierigen Umfelds eben auch nicht. Und gut finde ich, dass Siemens bei Forschung und Entwicklung (FuE) in den Sektoren „Power and Gas“ und „Digital Factory“ höhere Aufwendungen verzeichnete und einplant. Investitionen in Forschung und Entwicklung – das sind oft die Auftragseingänge und später Umsätze von morgen…

Mein Fazit: Charttechnisch interessant – fundamental höchstens „nett“!

Ein Gewinn pro Aktie von 1,65 Euro im letzten Quartal und von geschätzt 7,16 Euro im gesamten laufenden Geschäftsjahr – damit errechnet sich ein KGV auf Basis der Gewinne des laufenden Geschäftsjahres von rund 14. Ein moderates Kurs-Buchwert-Verhältnis von rund 3 sowie eine nette Dividendenrendite von rund 3,5% sind genau das: „nett“. Zum Vergleich: Der DAX hat derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca. knapp 15. Die Siemens-Aktie ist damit mehr oder weniger Durchschnitt, was ihre Bewertung im DAX-Vergleich betrifft. Das ist natürlich nicht schlecht – aber wer besser als der Gesamtmarkt abschneiden will, sollte auch bessere Zahlen liefern können. Das sehe ich bei der Siemens AG derzeit nicht.

Klarstellung

Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, diese Aktie zu verkaufen oder zu kaufen. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine.

Risikohinweis Michael Vaupel