Die Solarworld AG war zuletzt mit mehreren Meldungen in den Medien – und deren Tendenz war keineswegs einheitlich.
Beginnen wir mit einer Negativ-Meldung – so etwas, was sich kein PR-Mitarbeiter wünscht! Konkret:
Die „Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ (DSW) veröffentlichte diesen Monat eine Liste mit den „größten Kapitalvernichtern“.
Quelle: DSW
Darin enthalten sind börsennotierte Unternehmen, welche besonders stark an Börsenwert verloren haben – gemessen an ihrer Marktkapitalisierung. Und oben auf dieser Liste fand sich für das letzte Jahr Solarworld. Im letzten Jahr war der größte Kapitalvernichter (gemäß der Liste, gemessen an der Marktkapitalisierung) Centrosolar AG. Auf Platz 2 dann Solarworld.
Die Rechtsform ist „e.V.“ = eingetragener Verein. Die DSW wurde bereits 1947 gegründet und gab von 1952 bis 2001 das Magazin „Wertpapier“ in Eigenregie heraus (danach wurde es verkauft). Als Haupttätigkeit bezeichnet die DWS die Vertretung von Aktionären bei den Hauptversammlungen von börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften. Sie hat sich einen Namen gemacht als fachkundige und kritische Instanz, welche auch z.B. Sonderprüfungen beantragt. Prominente ehemalige Präsidenten waren z.B. Roland Oetker und Otto Graf Lambsdorff.
Die Zahlen zur Kapitalvernichtung beziehen sich auf das Jahr 2014 – genauso wie die jüngst veröffentlichten Zahlen der Solarworld AG zu diesem Geschäftsjahr. Hier die Eckdaten:
Solarworld: Eckdaten Geschäftsjahr 2014
- Der Umsatz kletterte um 26%, von 456 Mio. Euro (in 2013) auf 573 Mio. Euro.
- Die Auslandsquote stieg deutlich, von 70,6% im Jahr 2013 auf 83,1% im Geschäftsjahr 2014.
- Das Ebitda legte einen fulminanten Turnaround hin: von -147 Mio. Euro auf +108 Mio. Euro
Quelle: Geschäftszahlen Solarword
Erklärung Ebitda:
Gewinn ist nicht gleich Gewinn: Jahresüberschuss, EBIT und EBITDA
Wie sind diese Zahlen zu bewerten?
Zunächst einmal: Diese Zahlen sind in der Form noch nicht besonders aussagekräftig. Denn es gab eine ganze Reihe von Sonderfaktoren. Ich habe die mal aufgeschlüsselt, d.h. die meiner Ansicht nach „größten Brocken“. Der Reihe nach:
Solarworld AG: Einige Sonderfaktoren im letzten Geschäftsjahr
Sonderfaktor 1: Übernahme von Bosch Solar Energy
Die Solarworld AG hatte im letzten Jahr die „Bosch Solar Energy“ übernommen. Der vorigen Mutter war es – vorbildlich, wie ich finde! – darum gegangen, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen. Deshalb verzichtete sie im Gegenzug für eine Weiterbeschäftigungszusage auf einen Kaufpreis. Ja, es soll sogar eine „Mitgift“ an Solarworld geflossen sein.
Nun konnte die Solarworld AG die neuen Werte erstmals bilanzieren – es waren also auf einmal Aktiva da, für die gar nichts gezahlt worden war. Das ist ein Gewinn, aber natürlich keiner aus dem eigentlichen operativen Geschäft. Diese Transaktion war gut für Solarworld, hat das Ebitda erhöht – aber es war ein Einmaleffekt. Nicht mehr und nicht weniger.
Sonderfaktor 2: Neuverhandlung bestehender Lieferverträge
Bestehende Lieferverträge wurden laut Solarworld neu verhandelt. Das war im Fall der Silizium-Lieferverträge für Solarworld positiv. Der Siliziumpreis lag erheblich unter den festgeschriebenen Preisen – und Neuverhandlungen haben offensichtlich niedrigere Zahlungen ergeben. Es gab diesbezüglich aber auch Rechtsstreitigkeiten.
Sonderfaktor 3: Wegfall von Schulden
Das ist ein gewaltiger Brocken: Im letzten Jahr wurde die Solarworld AG Schulden von über einer halben Milliarde Euro los. Genau gesagt waren es 556 Mio. Euro weniger Schulden. Wie das? Sie haben es vielleicht mitbekommen: Bei den Solarworld-Schulden gab es einen „haircut“. Solarworld stand einer Insolvenz nahe – und verhandelte mit den Gläubigern. Wenn wir Pleite sind, bekommt ihr noch weniger, so war die Argumentationskette.
Die Besitzer der alten Solarworld-Aktien verloren fast alles (natürlich abhängig vom Einstiegskurs). Die Besitzer der Solarworld-Anleihen und andere Solarworld-Gläubiger verzichteten auf über die Hälfte ihrer Forderungen. Das waren eben besagte 556 Mio. Euro. Im Gegenzug erhielten die Gläubiger dafür neue Solarworld-Aktien. „Debt-to-equity-swap“ heißt das auf Neudeutsch: Schulden-zu-Aktien-Tausch, sinngemäß.
Diese 556 Mio. Euro werden beim Ergebnis vor Steuern (EBT) als Gewinn bewertet, entsprechend stand bei EBT für 2014 ein gewaltiges Plus von 574 Mio. Euro. Ohne diesen Gläubigerverzicht von 556 Mio. Euro wäre da nicht so viel übrig geblieben. Ohne diesen Sondereffekt wären es rund 18 Mio. Euro EBT gewesen. Aber immerhin, ohne Minus davor, wie in den Vorjahren!
Und hier noch der Blick auf den Chart:
Chart Aktie Solarworld AG
Quelle: Finanzen100
Mein Fazit: Solarworld – es sieht in der Tat so aus, als ob das Unternehmen den Turnaround geschafft hat!
Im letzten Geschäftsjahr gab es eine ganze Reihe von Sonderfaktoren. Aber es sieht durchaus so aus, als ob Solarworld den Turnaround geschafft hat. Wichtigster Markt ist nun auch nicht mehr Deutschland – dafür boomen andere Märkte, bei Solarworld sind das insbesondere die USA. Dort ist Solarworld auch mit einem Werk in Hillsboro direkt vor Ort vertreten. Ich weise darauf hin, dass ich in den Solarworld-Anleihen investiert bin.
Klarstellung
Und auch hier gilt: Dies ist meine rein subjektive Einschätzung und keine Aufforderung an Sie, diese Aktie zu verkaufen oder zu kaufen. Betrachten Sie meine Zeilen als Gedankenanstoß, nicht mehr und nicht weniger. Es geht um Ihr Geld – verantwortlich dafür sind Sie ganz alleine.
- Andritz Aktie kaufen – Deshalb ist der Umsatz des Konzerns so stark im letzten Halbjahr gesunken! – 1. Dezember 2018
- ProSiebenSat.1 Aktie jetzt kaufen – Sinnvolle Anpassungen im Segemnt E-Commerce! – 1. November 2018
- Encavis Aktie kaufen – Alles Details zum lohnenden Geschäft des Unternehmens Solar- und Windparks zu betreiben! – 1. Oktober 2018
- Stora Enso Aktie jetzt kaufen – So rentiert sich die nachhaltige Produktion von Papier! – 1. September 2018
- Dt. Beteiligungs AG Jetzt kaufen – Alle Fakten zu den eher enttäuschenden Halbjahreszahlen des Unternehmens! – 1. August 2018